Krise & Sanierung: Meistern Sie jede wirtschaftliche Herausforderung

Wirtschaftliche Krisensituationen sind eine besondere Facette des Managements. Sie stellen Führungskräfte vor ganz andere Herausforderungen als das „normale“ Tagesgeschäft. Manche Krisen ergeben sich akut aus veränderten Rahmenbedingungen.

Beispiel: Ein Lebensmittelzulieferer eines großen Discounters wird kurzfristig vor die Wahl gestellt, die Preise, die schon nahe an den Grenzkosten des Herstellers liegen, noch weiter zu senken, oder ausgelistet zu werden. Der früher kerngesunde Zulieferer ist vom Discounter über viele Jahre hinweg aufgebaut worden, und die Abnahmemengen sind so stark gestiegen, dass der Zulieferer inzwischen einen Großteil seiner Produktionskapazität für den Discounter einsetzt, aber dabei eigentlich nur noch „Geld wechselt“. Der Zulieferer hat sich in eine bedrohliche, einseitige Abhängigkeit begeben, während der Discounter über Alternativen verfügt.

In jedem Fall ist mit dieser neuen Situation für den Zulieferer eine wirtschaftliche Krise vorgezeichnet. In diesem Fall ist der Vorstoß des Discounters zwar der finale Auslöser für die Krise, aber die Abhängigkeit hatte sich schon seit längerer Zeit abgezeichnet.

Akut eintretende Krisen sind Ausnahmen. Die allermeisten Unternehmenskrisen treten schleichend ein, werden aber erst sichtbar, wenn Symptome erkennbar werden. Die tatsächlichen Ursachen liegen oft schon viele Jahre zurück, bis sie sich irgendwann in einem Liquiditätsproblem niederschlagen.

Das Kernproblem ist nämlich in den allermeisten Fällen nicht der Liquiditätsengpass. Ein Liquiditätsengpass ist lediglich die Folge anderer Krisenauslöser und -ursachen. Viele Unternehmen, die mit frischer Liquidität versorgt werden, stehen nach wenigen Monaten wieder vor demselben Problem. Einem Liquiditätsengpass geht in der Regel eine Ertragsschwäche voraus, die schon nicht mehr so einfach zu beseitigen ist. Mit einer Überweisung ist es deshalb nicht getan. Vielmehr muss die Ertragsschwäche gründlich analysiert werden. Handelt es sich um einen einmaligen Ertragseinbruch oder liegt ein strukturelles Problem vor? Assoziativ gesprochen: Liegt ein lokal abgrenzbares Problem vor, etwa ein Beinbruch, der nach 6 Wochen wieder geheilt ist, oder haben wir es mit einem organischen Problem zu tun, das noch gar nicht klar abgegrenzt worden ist?

Hier fängt die Sanierungsarbeit an, für die den meisten Linienmanagern die systematischen Vorgehensmodelle und das geeignete Handwerkszeug fehlen. Außerdem sind aktive Linienmanager in der Regel befangen, weil sie ja das Problem zumindest zugelassen, wenn nicht mitverursacht haben und weil sie emotional befangen sind. Deshalb lohnt es sich, bei Verdacht auf eine Krise frühzeitig einen erfahrenen Sanierungsmanager einzusetzen, der sich mit diesen Fragen systematisch auseinandersetzt.

Das Problem liegt in den meisten Fällen noch tiefer als in einem Ertragsproblem. Auch ein Ertragsproblem hat natürlich seine Ursachen, die offensichtlich nicht rechtzeitig erkannt wurden und gegen die keine wirksamen Maßnahmen eingeleitet wurden. Oft liegt ein strategisches Problem vor. Eine fehlgeleitete Strategie hat mit einem ungeeigneten Geschäftsmodell zu einem falschen Produktportfolio oder in die falschen Märkte geführt. Vielleicht wurden Markttrends nicht richtig erkannt oder ausgeblendet. Sie meinen, jetzt haben wir die Ursache? Wir haben sie nicht, weil auch eine falsche Strategie nur eine Auswirkung dahinter liegender Probleme ist. Man darf hier nicht stoppen, sondern muss hinterfragen, warum es zu einer falschen Strategie kommen konnte. Hinter falschen strategischen Entscheidungen stehen in den meisten Fällen menschliche Wahrnehmungen und Interessen, die zu den getroffenen Entscheidungen geführt haben. Und hier haben wir es sehr oft mit dem noch aktiven Management zu tun. Wie bringen wir das Management dazu, sich einzugestehen, dass sie in eine falsche Richtung gelaufen sind? Warum haben die Gesellschafter diese Richtung unterstützt?

Beispiel: Ein baden-württembergischer Automobilzulieferer für Fahrzeugelektronik, der in Form einer GmbH firmierte, wurde wegen Zahlungsunfähigkeit in die Insolvenz geführt. Das Unternehmen hatte an zwei Standorten in Deutschland erfolgreich Licht- und Lüftungselektronik entwickelt und gebaut. Beide Produktgruppen werden verstärkt benötigt, weil sie den zunehmenden Bedarf an Sicherheit und Komfort decken, und zwar unabhängig vom Antriebskonzept. Eigentlich hätte das Unternehmen wirtschaftlich hervorragend dastehen müssen.

Was war schiefgelaufen? Der branchenerfahrene Geschäftsführer hatte mehrere Jahre lang ausgeblendet, dass das Unternehmen sowohl eine Vertriebsschwäche als auch eine träge Produktentwicklung hatte, die die Projekte nicht zeitnah umsetzte. Er reagierte nicht auf diese offensichtlich bestehenden Probleme, die er seinen Gesellschaftern auch nicht in aller Klarheit offenlegte. Vielmehr „verkaufte“ er den Gesellschaftern, dass das Unternehmen wachsen müsse, um in den rentablen Bereich zurückzukehren. Er forderte Geld für seine Wachstumsstrategie, statt die offensichtlichen Probleme zu beseitigen, ohne deren Bereinigung das Unternehmen auch nicht wachsen konnte. Vom Branchenumfeld wurde der Geschäftsführer schon seit längerer Zeit entlarvt: Er wurde als „Sonnenkönig“ bezeichnet.

Warum haben die Führungskräfte auf der zweiten Führungsebene nicht gehandelt? Warum haben sie sich nicht für einen Richtungswechsel eingesetzt? Auch das ist nichts Außergewöhnliches. Die Führungskräfte hatten auch gelegentlich Kontakt zu den Gesellschaftern, sprachen sich aber nicht für einen Kurswechsel aus. Trotz besserer Ahnung reihten sie sich hinter dem kommunikationsstarken Geschäftsführer ein, vordergründig, um ihre Jobs zu sichern, und liefen mit Vollgas und sehenden Auges in die Katastrophe ? und verloren ihre Arbeitsplätze. Die Gesellschafter, die in zweiter Generation nicht mehr aktiv im Unternehmen engagiert waren, mussten diese Entwicklung mit großer persönlicher Betroffenheit hinnehmen.

Der im realen Beispiel beschriebene Fall ist leider kein Einzelfall. Um solche Überraschungen zu vermeiden, die sich eigentlich von langer Hand ankündigen, macht ein kompetenter Beirat Sinn.

Nun führt nicht jede falsche Entscheidung gleich in die Nähe einer Zahlungsunfähigkeit. Deshalb unterscheiden wir zwischen Anforderungen an eine Ertragssteigerung, Anforderungen für ein umfassendes Turnaround-Management und Anforderungen für die Beseitigung einer akuten Krise. Das sind verschiedene Phasen einer wirtschaftlichen Krise, denen mit unterschiedlichem Tempo begegnet werden muss und die unterschiedliche Prioritäten erfordern. Aber eine Ertragsschwäche ist ein starkes Indiz dafür, dass Restrukturierungs- bzw. Sanierungsbedarf besteht. Leider wird die Notwendigkeit zu diesem Schritt in vielen Fällen erst zu spät eingestanden. Wirksame Maßnahmen werden deshalb oft nicht rechtzeitig ergriffen.

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