Wirtschaftsprüfung: Definition, Ablauf, Inhalte

Definition: Was ist Wirtschaftsprüfung?

Weil die im Zuge der Industrialisierung seit Beginn des 18. Jahrhunderts entstehenden größeren Industrie- und Handelsunternehmen nicht mehr von ihren Inhabern geführt werden konnten, wurden vor Ort Geschäftsführer angestellt. Außerdem beteiligten sich auch Kapitalanleger – in Aktiengesellschaften Aktionäre – an Gesellschaften, die nicht am operativen Geschäft der Unternehmen teilnahmen. So bildete sich eine zunehmende Asymmetrie zwischen den operativ tätigen Geschäftsführern und den Investoren.
Um sicherzustellen, dass die Investoren von der Geschäftsführung trotzdem richtig und vollständig informiert werden, wurden unabhängige Sachverständige beauftragt, die Geschäftsführung zu prüfen. Nachdem es um 1930 zu schweren Bilanzdelikten gekommen war, wurden diese zunächst freiwilligen Prüfungen für Aktiengesellschaften in England 1900 zur Pflicht, Deutschland folgte 1931, die USA 1934 und die Schweiz 1936. Insbesondere war die Erkenntnis gereift, dass bis dahin Vermögensgegenstände überbewertet worden und bilanzierte Scheingeschäfte aufgrund unterschiedlicher Buchungsgepflogenheiten kaum entdeckt worden waren. Am 10.09.1931 wurden die Gliederungsschemata für die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung vorgeschrieben, der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer geschaffen und Aktiengesellschaften gesetzlich zur Jahresabschlussprüfung verpflichtet.

1969 folgte mit einem veränderten Publizitätsgesetz (PublG) eine Aufstellungs-, Prüfungs- und Offenlegungspflicht für größere Personengesellschaften, 1985 schloss sich mit dem Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG) eine Prüfungspflicht für alle mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften an, insbesondere GmbHs, und 1990 auch für Konzernabschlüsse. Im Jahr 2000 wurden mit dem Kapitalgesellschaften & Co.-Richtliniengesetz (KapCoRiLiG) auch haftungsbeschränkte Personengesellschaften, insbesondere GmbH & Co. KGs, in die Prüfungs- und Offenlegungspflicht pflicht eingeschlossen. Die Größenkriterien sind im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt.

Die vorgeschriebenen Prüfungen teilen sich in die Ordnungsmäßigkeitsprüfungen des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie die Geschäftsführungsprüfungen, die die Beurteilung der Effektivität und Effizienz der Erfüllung sozial- und wettbewerbspolitischer Aufgaben durch die Geschäftsführung beinhalten.

Wie ist der Ablauf einer Wirtschaftsprüfung?

Die Prüfung von Jahresabschlüssen umfasst die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, den Anhang zum Jahresabschluss, einschließlich des Lageberichts, sowie die Buchführung und die Unternehmensplanung. Die Verantwortung für die korrekte Buchhaltung und den korrekten Jahresabschluss liegt bei der Geschäftsführung des Unternehmens, auch wenn die Geschäftsführung die Ausführung des Jahresabschlusses an einen Steuerberater delegiert. Der Steuerberater wird sich von der Geschäftsführung bestätigen lassen, dass die Geschäftsführung alle Informationen vollständig und richtig an den Steuerberater übermittelt hat.

Die Wirtschaftsprüfung wird üblicherweise mit der Durchsicht der formalen Dokumente begonnen, zu denen die Satzung und der Auszug aus dem Handelsregister zählen. Es folgt die Überprüfung der laufenden Buchführung anhand von Kontobewegungen und Belegen unter Einsichtnahme in wesentliche Verträge. Zum Stichtag des Jahresabschlusses begleitet der Abschlussprüfer die Inventur der Material- und Warenbestände. Dann beurteilt der Prüfer die Angemessenheit des angesetzten Bewertungsverfahrens und der Bewertung der Material- und Warenbestände. Dann erfolgt eine Prüfung der Debitoren- und Kreditorenpositionen anhand der Summen- und Saldenlisten, die dem Prüfer vom Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.

Sofern die Prüfung ergibt, dass die Buchhaltung und der Jahresabschluss ordnungsgemäß erstellt wurden, testiert der Prüfer dies uneingeschränkt. Sollten sich bei der Prüfung Mängel zeigen, gibt der Prüfer Empfehlungen zur Korrektur der Buchhaltung bzw. des Jahresabschlusses. Sofern die Geschäftsführung diesen Empfehlungen folgt und sie umsetzt, erteilt der Prüfer sein uneingeschränktes Testat.

Rechtliche Vorgaben: Wer fällt in Deutschland unter die Prüfpflicht?

Die Rechtsgrundlage ist in Deutschland das Handelsgesetzbuch (§ 316 HGB Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 267 HGB). Für Konzerne gilt der § 316 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 290-293 HGB mit. Bezüglich der Veröffentlichung ist in Deutschland § 6 PublG in Verbindung mit § 1 PublG die Grundlage. In Konzernen gilt § 14 PublG in Verbindung mit § 11 PublG. Danach unterliegen die Jahresabschlüsse aller mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) einer Prüfungspflicht durch einen Wirtschaftsprüfer. Das sind Unternehmen mit einer Bilanzsumme von > 6 MEUR, Umsatzerlösen, die 12 MEUR übersteigen und einer Mitarbeiterzahl über 50. Sobald zwei dieser drei Bedingungen erfüllt sind, ist ein Unternehmen prüfungspflichtig. Darüber hinaus besteht für Konzernabschlüsse und die Jahresabschlussprüfung kapitalmarktorientierter Unternehmen eine Prüfungspflicht.

Für Kreditinstitute und Unternehmen im Versicherungswesen gelten andere Grundlagen (Kreditinstitute: § 340 HGB, §§ 1,2,28 und 29 KWG bzw. Versicherungsunternehmen: § 341k HGB und §§ 1, 2, 55-64 und 83 VAG).

Neben diesen Pflichtprüfungen gibt es freiwillige Prüfungen, zu denen folgende Prüfungen zählen:

  • Prüfungen des unternen Überwachungssystems
  • Kreditfähigkeits- und Kreditsicherungsprüfungen
  • Insolvenzprüfungen
  • Sanierungswürdigkeitsprüfungen
  • Prüfung für Subventionen
  • Prospektprüfung
  • Prüfung von börsenrechtlichen Zwischenberichten

Fazit zur Wirtschaftsprüfung

Die Prüfung der Buchführung und des Jahresabschlusses durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer schützt Marktteilnehmer und den Staat vor Abweichungen der von Unternehmen erstellten Jahresberichte von der faktischen wirtschaftlichen Situation, in der sich Unternehmen befinden.

Die für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften gesetzlich vorgeschriebene Prüfung beinhaltet einen Standardprüfumfang. Die Geschäftsführung ist angehalten, dem Prüfer die zu prüfenden Unterlagen, Belege und Informationen zur Verfügung zu stellen. Das uneingeschränkte Testat des Wirtschaftsprüfers entlastet die Geschäftsführung.

Dialog

Wo liegen Ihre Herausforderungen?

...
Dialog neu starten
Call