Welche Folgen hat das Wirtschaftswachstum?

Die andere Seite der Wachstumsmedaille zeigt die Belastungen, die durch das Wachstum verursacht werden.

Menschen werden mitunter bis an ihre persönliche Grenze belastet. Gleichzeitig werden sie aber durch funktionierende Werbung, unterstützt durch gesellschaftliche Mechanismen, zu zuverlässigen Verbrauchern erzogen und abhängig gemacht. Der tiefere Sinn des Lebens wird gegen kurzfristig wirkende, aber schnell verblassende Lust, gesellschaftlichen Status und Bequemlichkeit in jeder Hinsicht getauscht. Mit dieser Abhängigkeit werden Menschen in industrialisierten Gesellschaften zunehmend fremdgesteuert. Die Zufriedenheit von Menschen korreliert nicht positiv mit ihrem materiellen Wohlstand; soziales Engagement schwindet. Die Natur – einschließlich unserer selbst – wird in extensiver Weise als Rohstoff-, Energie- und Leistungsquelle „verbraucht“, und nicht in Maßen und in einer Kreislaufwirtschaft genutzt.

Getrieben von vermeintlich notwendigen Wachstumszielen belasten wir systematisch unsere sozialen Bindungen, Familien, Freundschaften, soziale Sicherungssysteme, Wälder, Meere, unser Trinkwasser und sogar die Luft, die wir atmen. Wir verzehren nicht-erneuerbare Ressourcen, zahlen aber nur für die unmittelbaren Kosten für ihre Gewinnung, nicht für bleibende Schäden. So beschleunigen wir den Klimawandel und gehen sehenden Auges auf bereits absehbare global wirksame Katastrophen, gewaltige damit verbundene soziale Konflikte zu.

Die Grenze des Wachstums zeigt sich jetzt in den frühindustrialisierten Ländern, die bereits einen erheblichen Weg auf der Wachstumskurve beschritten haben. In diesen Ländern haben sich die Wachstumsraten bereits merklich verringert. Sie nähern sich asymptotisch Grenzwerten an. Jedes weitere Quantum Wachstum, das noch erreicht werden soll, verlangt offensichtlich deutlich mehr Aufwand als bisheriges Wachstum. Wachstum als das Heilmittel im globalen Wettbewerb zu betrachten, ist sinnlos.

Viele Organisationsentwickler ahnen bereits, dass es irrational und sogar verantwortungslos ist, weiteres quantitatives Wachstum trotzdem als das Heilmittel gegen die in den frühindustrialisierten Ländern allseits zunehmende Verschuldung und die sich verschärfenden sozialen Probleme zu propagieren. Solange Wachstum allerdings von Führungskräften als der Stellhebel betrachtet wird, muss die Gesellschaft Wirtschaftskrisen als solche hinnehmen und wird daraus resultierende soziale Probleme lediglich als Ausnahmezustand betrachten.

Wirtschaftskrisen sind keine unliebsamen Ausrutscher von der Wachstumsbahn, sondern verlässliche Zeichen für die Instabilität im Grenzbereich des Möglichen. Sie markieren das Ende der Vorgehensweise industrialisierter Länder, die inzwischen auch von Schwellenländern unreflektiert nachgeahmt wird. Wirtschaftswachstum wird als notwendige Bedingung für das Fortbestehen der Menschheit bislang nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Um wettbewerbsfähig zu sein, müsse die Produktivität erhöht werden, und um eine führende Marktposition zu erhalten, müsse weiteres Mengenwachstum angestrebt werden, so die vorherrschende Meinung. Doch eine Erhöhung der Produktivität und jeder Ausbau von Kapazitäten kosten zunächst Geld und erhöhen in stagnierenden Absatzmärkten die Kapital- und die Vermarktungskosten bei tendenziell sinkenden Roherträgen.

Die zunehmende Belastung unserer Umwelt und unserer Gesundheit steigert das Risiko von Katastrophen und Zusammenbrüchen. Die Kosten für diese Katastrophen und Zusammenbrüche werden verdrängt.

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