Entscheidungsprozess für Innovationen

Den meisten Unternehmen fehlt es gar nicht an Ideen, sondern daran, dass keine mutigen Entscheidungen getroffen werden.

Beispiel: Der weltbekannte Mikroskop- und Kamerahersteller Leitz aus der Kleinstadt Wetzlar war Pionier kleiner Kameras mit lichtstarken Objektiven, die bei professionellen Fotografen geschätzt waren. Leitz lebte das Motto „Qualität, Beständigkeit und Zuverlässigkeit statt ständiger neuster Stand der Technik“ und zehrte bis Ende der 1960er Jahre von den Innovationen aus den Jahrzehnten davor. Die Leica-Kameras wurden immer weiter perfektioniert und technische Neuheiten wurden in Wetzlar entwickelt, etwa der 1976 entwickelte Autofokus, der aber nicht von Leitz, sondern von japanischen Wettbewerbern produziert wurde.

Bereits 1994 baute Leitz (heute Leica) eine elektronische Abteilung auf, viel früher als alle anderen Kamerahersteller. Aber für wirkliche Durchbrüche im Markt fehlte Leitz das klare Bekenntnis zum Durchmarschieren (Andreas Kaufmann, seit 2005 Mehrheitsgesellschafter bei Leica). Der Markt veränderte sich schnell, aber die Leica-Kamera veränderte sich kaum. Japanische Kamerahersteller wie Canon überholten ihr Vorbild Leitz, indem sie die ersten Spiegelreflexkameras auf den Markt brachten. Erst viele Jahre später suchte Leitz in Kooperation mit Minolta den technischen Anschluss.

Formalisieren Sie den Prozess für Entscheidungen über Innovationen in Ihrem Unternehmen. Bewährt hat es sich, ein Innovationskomitee zu bilden, das sich idealerweise aus Führungskräften verschiedener betrieblicher Funktionen zusammensetzt, etwa so:

Produktentwicklung                                     Vorsitz und Moderation mit Stimmrecht

Marketing                                                         Ständiges Mitglied mit Stimmrecht

Leiter Vertrieb                                                 Ständiges Mitglied mit Stimmrecht

Controlling                                                        Ständiges Mitglied mit Stimmrecht

Betriebsleiter                                                   nach Bedarf und ohne Stimmrecht

Leiter Einkauf                                                   nach Bedarf und ohne Stimmrecht

Externe Partner (Uni etc.)                          nach Bedarf und ohne Stimmrecht

Passen Sie Funktionen und Bezeichnungen gern an die Praxis in Ihrem Unternehmen an. Entscheidend ist, dass Sie alle betroffenen Interessengruppen in den Innovationsprozess einbeziehen. Das mag auch Überzeugungsarbeit erfordern, wenn Ihnen beispielsweise Ihr Betriebsleiter sagt, er kümmere sich um das aktuelle operative Geschehen und habe keinen Sinn für neue Ideen. Vermitteln Sie ihm, dass er jetzt die Chance bekommt, künftig zu produzierende Produkte mitzugestalten und er sich das Leben dadurch perspektivisch erleichtern kann.

Dieses Innovationskomitee sollte regelmäßig tagen, aber bitte nicht nur regelmäßig einmal im Jahr. Ein empfohlener Zyklus umfasst 2 Monate. In den Meetings spricht das Komitee alle Ideen und Projekte durch, die sich im Innovationsprozess befinden und entscheidet über zusätzliche Ideen, die aufgenommen werden sollen. Ziel der Meetings sollte es sein, über den Übergang von Ideen und Projekten in die jeweils nächste Freigabephase zu beschließen.

Mit einer ersten Freigabe von Ideen, gewährt das Komitee ein Zeit- und Kostenbudget für die Marktanalyse, für eine grundlegende Konzeption und für eine erste Erfolgseinschätzung.

Liegen die Ergebnisse dieser ersten Phase vor, entscheidet das Komitee über das Budget für eine zweite Phase, in der beispielsweise Konstruktionsarbeiten durchgeführt oder ein Geschäftsmodell entwickelt werden.

In einer dritten Phase kann über die Entwicklung eines sogenannten Funktionsprototypen entschieden werden, der die Produktmerkmale und Funktionen zeigt. Es kann auch ein Geschäftsmodell gemeinsam mit einem Lead-Kunden umgesetzt werden. Diese Phase dient dazu, den „Proof-of-Concept“ zu erbringen, also den Nachweis, dass sich die Idee tatsächlich umsetzen lässt.

In einer vierten Freigabephase geht es um Entscheidungen über die Entwicklung zur Markt- und Serienreife, um Make-or-Buy-Entscheidungen und um die Einbindung von Entwicklungs-, Fertigungs- und Vermarktungspartnern.

Anschließend kann über eine fünfte Phase zum Rollout im Markt entschieden werden, bevor – nicht zu vergessen – in einer sechsten Phase eine formale Erfolgsüberprüfung stattfinden sollte. Damit gelangen wir zum Produktmanagement.

Wenn Sie einem solchen formalen Innovationsprozess folgen und dabei immer wieder die aktuellen Entwicklungen in Märkten berücksichtigen, können Sie von einem laufenden Strom an geführten potenziellen Innovationen profitieren.

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