Pricing: Eine sinnvolle Preisgestaltung

Was bedeutet Pricing?

Unter „Pricing“ versteht man alle Maßnamen, mit denen Preise gebildet werden. Die Preisgestaltung ist als ein wichtiger Baustein des Marketing-Mix entscheidend für den Absatz, aber auch für den Deckungsbeitrag und den Gewinn.

Diese Faktoren bestimmen den Preis

In die Preisfestlegung fließen sowohl interne Informationen über die Kosten zur Produkterstellung ein als auch Informationen über verfügbare Preise von Wettbewerbern im Markt. Sie brauchen also ein realistisches Bild der variablen und fixen Kosten, um Preise festlegen zu können. Außerdem brauchen Sie einen Überblick über vergleichbare Wettbewerbsangebote im Markt. In manchen Fällen macht es Sinn, eine weitere Schleife in der Produktentwicklung zu durchlaufen, um ggf. Materialien, Verfahren kostengünstiger zu gestalten. Auch die Vertriebskonzeption kann Kostenpotenziale bergen.

Die Preisfestlegung hängt aber auch von der jeweiligen Situation ab.

Möchten Sie mit einem Commodity-Produkt in einen Massenmarkt eintreten, müssen Sie Ihre Ware vom ersten Teil an zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten. Sie müssen die noch umzusetzende Skalierung in der Preisstellung schon „vorwegnehmen“, andernfalls werden Sie nicht im Markt Fuß fassen.

Dasselbe gilt für eigene Artikel, die Vorleistungen, beispielsweise den Bau von Werkzeugen, erfordern. Auch in solchen Fällen müssen Sie vom ersten Teil an mit einer Zielmenge kalkulieren und mit der Finanzierung in Vorleistung gehen. Wir sprechen hier nicht von Lohnfertigung.

Eine finanzielle Vorleistung zur Geschäftsentwicklung setzt eine hinreichende Kapitalstärke voraus. Können Sie Ihr Geschäftsvorhaben ansprechend erklären, können Sie eine Fremdfinanzierung für diese Vorleistung erhalten.

Die Preisgestaltung endet auch nicht mit der Festlegung eines Produktpreises. Denken Sie an Rabattstaffelpreise, an Rückvergütungssysteme, an Aufpreise für Extras und Service, an Preisdifferenzierungen für Varianten, für unterschiedliche Zugangszeiten und -orte. Außerdem bieten sich Möglichkeiten von Sonderpreisen und -rabatten zur Markteinführung, zu besonderen Anlässen, in Zeiten schwacher Auslastung etc.

Um im mehrstufigen Vertrieb erfolgreich zu sein, müssen die Handelsmargen über den gesamten Absatzweg hinweg fair verteilt sein. Verdienen Wiederverkäufer oder Handelsagenten zu wenig, wird der Vertriebserfolg ausbleiben. Die Festlegung realistischer und fairer Margen ist nicht ganz trivial. Wenn Sie Rabatte auf Listenpreise über mehrere Handelsstufen festlegen möchten, hilft Ihnen diese Anwendung (Zugang zur Anwendung „Gestaltung der Handelsmargen„).

Neben rein objektiven Faktoren der Preisgestaltung spielen auch psychologische Faktoren eine Rolle, die beachtet werden sollten.

Preise müssen auch nicht fest gesetzt werden. Sie können auch in Abhängigkeit der situativen Lage von Angebot und Nachfrage dynamisch am Markt gebildet werden.

Preis versus Rentabilität

Preise durchsetzen zu können, bedeutet noch nicht, Gewinne zu erwirtschaften. Die Rentabilität wird nämlich nicht allein im Vertrieb entschieden; vielmehr ist die Betrachtung der Kosten dafür ebenso wesentlich. Kosten werden zwar auch vom Vertrieb verursacht, fallen aber überwiegend in der Leistungserstellung, also in der Konstruktion, im Einkauf, in der Fertigung und in der Verwaltung. Für wettbewerbsfähige Preise lohnt sich ein Blick auf Möglichkeiten zur Kostenoptimierung.

Auch reine Vertriebsorganisationen wie Handelsgesellschaften, die über keine eigene Fertigung verfügen, sind von dieser Betrachtung nicht ausgenommen. Hier liegen die Kosten vor allem im Einkauf, in der Beschaffung, im Marketing und im Vertrieb. Den größten Einfluss haben Handelsgesellschaften auf die Beschaffungspreise und -konditionen. Wirksame Hebel sind die Lieferantenauswahl, die Abstimmung der Lieferlosgrößen und das Verhandlungsgeschick. Die Verkaufspreise für gegebene Produkte werden in der Regel stärker vom Markt bestimmt.

Aus der Marge zwischen Verkaufserlösen und Beschaffungskosten ergeben sich die Handlungsmöglichkeiten für Handelsgesellschaften. Je größer die Marge, desto beweglicher kann die Handelsgesellschaft am Markt tätig sein und desto größer wird der Absatzerfolg auch für die Lieferanten ausfallen.

Fazit: So legen Sie sinnvoll Preise fest

Eine Möglichkeit, einen Preis für einen Artikel festzulegen, besteht darin, auf die Vollkosten einen Gewinn aufzuschlagen. Um die Overhead-Kosten umlegen zu können, müssen Sie eine gewisse Absatzmenge annehmen. Sollten Sie Ihren Artikel zu diesem Preis in der veranschlagten Menge verkaufen können, haben Sie auf jeden Fall alle Kosten gedeckt und erwirtschaften einen definierten Gewinn. Dieser Pricing-Ansatz birgt allerdings drei Risiken:

  • Eventuell akzeptiert der Markt Ihren Preis nicht, und Sie setzen nicht die Menge ab, die Sie verkaufen müssen, und decken Ihre Overhead-Kosten nicht.
  • Der Ansatz nimmt die Produkterstellung als gegeben hin. Ihre Organisation wird nicht dazu angeregt, sich um eine höhere Kosteneffizienz einzusetzen.
  • Eventuell wären Kunden bereit, sogar mehr zu zahlen als Sie in Ihrer Vollkostenrechnung veranschlagt haben. Sie würden auf einen Preisanteil verzichten, den Kunden für den wahrgenommenen Mehrwert bereit wären zu zahlen. Es kann allerdings sein, dass Sie anstatt dessen deutlich mehr Absatz tätigen könnten, für den Sie gar keine Kapazität verfügbar haben. Deshalb können Sie ggf. keine Marktanteile hinzugewinnen.

Erheblich besser ist eine Entkopplung der Preisgestaltung von der Kostenermittlung. Dieser Ansatz ersetzt natürlich keine saubere Kalkulation. Der Preis sollte sich allerdings im Markt bilden, um die Zahlungsbereitschaft der Kunden auszunutzen. Dieser Ansatz bedingt strategisches Vorgehen und gutes Beobachten und ein laufendes, agiles Justieren des Preises im Markt.

Um einen Preis festzulegen, müssen Sie zunächst definieren, was „das Produkt“ ist. Handeln Sie mit einem physischen Produkt oder gewähren Sie Zugang zu einem virtuellen Dienst oder einer Dienstleistung? Außerdem muss entschieden werden, ob das Produkt verkauft, vermietet oder verleast werden soll. Ist jede Nutzungseinheit eine Transaktion oder bieten Sie dauerhaften Zugang (Abonnement) gegen Zahlung Flatrate?

Sehen Sie sich jetzt die Wettbewerbssituation im Markt an. Mit welchen bestehenden Angeboten ist Ihr Angebot unmittelbar vergleichbar? Hieraus können Sie einen marktorientierten Hinweis auf ein sinnvolles Preisniveau beziehen. Weist Ihr Angebot Vorteile gegenüber den bestehendfen Angeboten aus und stellen Sie diese Vorteile in der Marketingkommunikation heraus, können Sie ggf. höhere Preise (Premium) durchsetzen.

Vielleicht möchten Sie in einen etablierten Markt eintreten oder Ihre Deckungsbeiträge über das abgesetzte Volumen erwirtschaften und sind bereit, niedrigere Preise anzusetzen als der Wettbewerb. Solche Entscheidungen müssen Sie treffen.

Nun ist es mit der Preisgestaltung nicht getan. Die Preise müssen auch kommuniziert werden. Die preislichen Möglichkeiten werden sogar von der Kommunikation des Kundennutzens geprägt. Es besteht also eine Abhängigkeit zwischen der Preisgestaltung und der Preiskommunikation. Beides, Preisgestaltung und Preiskommunikation, muss gemeinsam gedacht werden.

In der Preiskommunikation haben Sie die Möglichkeit, einen „Anker“ zu setzen, der den angebotenen Preis als vertretbar erscheinen lässt.

Beispiele zum Pricing

Käufer und Einkäufer möchten sparen. Deshalb neigen sie eher dazu, ein Angebot anzunehmen, bei dem sie einen Rabatt erhalten, als ein Basisangebot mit Aufpreisen, auch wenn der numerische Preis derselbe ist. Die Psychologie schwingt mit.

Clevere Pizzerien bieten einige Pizzasorten an, die preislich deutlich über dem Zielpreis liegen. Dadurch wirken die anderen Sorten preislich vertretbar und werden ohne schlechtes Gefühl bestellt.

Ob Full-Service-Preise oder Preise für Basisleistungen in der Marketingkommunikation verwendet werden, muss je nach Marktverhältnissen entschieden werden.

Beispiel: Zu überlegen ist, ob ein Möbelhandelsunternehmen, das seine Leistung inklusive der Anlieferung und der Montage anbietet und einen Nachlass gewährt, sofern die Liefer- und Montageleistungen nicht in Anspruch genommen werden, erfolgreicher sein wird als ein anderes, das die reinen Möbelstücke bepreist und die Liefer- und Montageleistungen gegen einen Aufpreis anbietet.

Preise müssen nicht kostenabhängig gestaltet werden; sie können situations- und nutzenabhängig festgelegt werden.

Beispiel: Ein Hersteller spanabhebend produzierter Präzisionsbauteile aus Kunststoff für den Maschinenbau, der weiß, dass seine Produkte Spezialteile sind, von denen der zuverlässige Betrieb der Maschinen seiner Kunden maßgeblich abhängt, wird seine Preisstellung nicht nach einer Kostenzuschlagskalkulation definieren, sondern nutzenorientiert. Er wird die Zahlungsbereitschaft seiner Kunden ausloten.

Sie sind davon überzeugt, dass Marktpreise gegeben sind? Da stimmen wir Ihnen zu und zeigen Ihnen doch, dass Sie Ihre eigenen Verkaufspreise im Rahmen der gegebenen Marktpreise beeinflussen können.

Beispiel: In einem Markt für Commodities, hier Kanalgrundrohre für die Brauchwasserabführung in die öffentliche Kanalisation, sind die Marktpreise zwischen Herstellern und Fachgroßhändlern „gegeben“ und stehen wegen der Vergleichbarkeit der Produkte und der Überkapazität der Hersteller unter extremem Druck. Hersteller müssen Basisrohre mit Verlust verkaufen; viele sind aber gezwungen, das Spiel weiterhin mitzumachen, weil sie die Auslastung brauchen. Sie haben sich in eine Abhängigkeit begeben und sind auf den Absatz angewiesen. Hersteller, die nur dieses Produkt im Sortiment führen, müssen es produzieren. Von anderen Herstellern, die vor allem rentable Produkte im Sortiment führen, erwartet der Fachgroßhandel, dass sie auch diese unrentablen Commodities im Verkaufsangebot haben.

Und wenn eben von „Spiel“ die Rede war, dann war die Formulierung bewusst so gewählt. Dieses Spiel ist nämlich nicht lustig. Jetzt darf man den Kopf aber nicht in den Sand stecken und dieses Spiel als gegeben hinnehmen. Man kann versuchen, das Spiel kreativ zu verändern. Das haben zwei Hersteller trotz des bestehenden Wettbewerbs getan. Wie haben sie das umgesetzt? Ein Hersteller, der auf die Produktion dieses Commodity-Produktes angewiesen ist, hat verkündet, dieses Produkt nicht mehr zu führen. Er bietet dem anderen Hersteller, der dieses Produkt in seinem Sortiment braucht, seine Kapazität an, um für ihn dasselbe Commodity-Produkt mit dem Label des Wettbewerbers zu produzieren. Der kaufende Wettbewerber kann seine Produktion dieses Produktes zurückfahren und den Verlust vermeiden.

Dem produzierenden Wettbewerber zahlt er für die zugekaufte Ware mehr als auf dem Markt erzielbar ist. Die beiden Hersteller teilen sich dadurch die Verluste. Es gibt noch einen weiteren Vorteil: Im Markt fällt ein Anbieter weg. Das kann Preise stabilisieren. Für den produzierenden Hersteller ist die Abnahmegarantie seines nun einzigen Kunden wichtig. Die vermiedenen Verluste kann er nun einsetzen, um margenstärkere Produkte in anderen Märkten zu entwickeln und einzuführen. In diesem Fall waren dies Lüftungsrohre. Mit diesem „neuen Spiel“, das wettbewerbsrechtlich abgesichert angelegt werden musste, konnten in einem Commodity-Markt trotz „gegebener“ Abnahmepreise die Preise und Margen gestaltet werden.

Suchen Sie sich „Ihr“ Spiel und versuchen Sie es in kreativer Kooperation mit Dritten umzusetzen. Probieren Sie Preisstrategien in Pilotregionen aus, bevor Sie sie auf Ihren gesamten Markt ausrollen.

Aktivitäten zu nachhaltigem Wirtschaften werden von Kunden in der Regel mit Preisaufschlägen honoriert. Gerade in Phasen, in denen Sie nicht genug für Ihre Leistungen gezahlt bekommen, lohnt es sich auch vordergründig, über nachhaltiges Wirtschaften nachzudenken.

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